Auch den einen und anderen Vorschlag eines Lesers werden wir demnächst aufgreifen: wir ergänzen bei den Buchtips der Woche, ob es sich jeweils um einen relativ aktuellen Titel handelt oder ob er aus der Backlist stammt, also schon etwas älter aber immer noch erhältlich ist. Außerdem werden wir auf einer eignen Seite einen kurzen Überblick der Bücher geben, die wir gerade lesen, von denen also möglicherweise demnächst der eine oder andere als Tip der Woche erscheinen könnte. Zu einem Quotierungssystem (*** für sehr gut, :-(((( für sehr mies) konnten wir uns dagegen bislang nicht durchringen, vielleicht ergänzen wir bei den Frisch Verbucht-Seiten eine kurze Wertung nachdem wir die Bücher gelesen haben. Für weitere Ideen (und eigene Buchtips) sind wir immer dankbar. Am besten per e-mail.
Jetzt aber zu den Neuerscheinungen für März 1997.
Der Neoliberalismus ist zur herrschenden Wirtschaftsdoktrin geworden, frei nach dem Motto: "So viel Markt wie möglich, so wenig Staat wie nötig". Wohin diese Entwicklung in letzter Konsequenz führt, machen die Autoren am Beispiel der rechtsextremen Parteien in der BRD und Österreich deutlich: Am Ende steht eine Gesellschaft, in der die Stärkeren alles haben und für die anderen nichts bleibt.
Anmerkung des Chronisten: Die Zahlenknechte haben nicht nur in der Wirtschaft das Sagen - wenn mensch sich die heutige Gesellschaft ansieht, ist dieses "Am Ende" wohl nicht allzuweit von der heutigen Wirklichkeit entfernt ...
(War ursprünglich für Februar angekündigt, ist aber erst im März erschienen, falls der eine oder andere sich wundert, warum dieser Titel zuerst in Frisch Verbucht 2/97 zu finden war.)
Knaur Taschenbuch (Facts)
ca. 350 Seiten
ISBN 3-426-80083-7
Auch dieses Buch sollte eigentlich schon ein bis zwei Monate früher erscheinen - aber da der Herausgeber erst jetzt in den Besitz einer Zeitmaschine gekommen ist, mußten die Fans auf die 1997er-Ausgabe des Heyne Jahrbuches "Das Science Fiction Jahr" ein wenig länger warten. Wie immer hat der erste Sf-Hüter des Heyne Verlages wieder eine Menge rund ums das Thema Science Fiction (diesmal für den Zeitraum 1996/97) zusammengetragen.
Es beginnt mit dem Scene-Teil (Deutschland, England, Amerika). Dies istfür mich der eigentlich intereessante Teil - hier findcn sich Informationen aus der deutschen Verlagswelt, also welche Reihen wie fortgeführt wurden (oder auch nicht), welche (Taschen)Bücher oder Heftromane wo erschienen sind etc. Besonders positiv fällt hierbei auf, daß es auch Infos aus kleinen Verlagen gibt - Infos an die der normalsterbliche Sf-Fan sonst nicht so leicht herankommt. (Oder wer weiß schon, daß es neue Ren-Dhark-Abenteuer, eine Neuauflage der Raumschiff-Promet-Romane (warum keine Adresse für den Hansjoachim Bernt Verlag ????) und neues von MacLane und seiner Bande auf Diskette gibt? Eben.
Der amerikanische Szene-Teil ist für den deutschen Leser schon so etwas wie eine Zeitmaschine - hier ist zu erfahren, was in den nächsten zwei bis sieben Jahren (vielleicht) in deutscher Sprache erscheinen wird. (Oder was mensch sich besser in der Originalfassung besorgt, gell.) Dazu kommen dann Abdrucke von Gesprächen mit Curt Siodmak, Jan Friedman und Greg Bear, eine Übersicht und Rezensionen von öffentlich-rechtlichen Sf-Hörspielen, Rezensionen von Sf-Büchern und am Schluß wieder eine Übersicht der (ausschließlich) bei Heyne erschienenen Sf-Titel. Ebenso wie es bei den Hörspielen ausschließlich um bundesdeutsche öffentlich-rechtliche Produktionen geht, ist dieser Rest des Buches eher etwas für die Freunde abgehobener Essays und germanistik-professoraler Literatukritik, weniger für den "normalsterblichen" Sf-Fan. Und wieder einmal die Frage: Warum muß in Deutschland alle Unterhaltung die Leichtigkeit eines Herbstmanövers haben?
Heyne "Taschen"-Buch (SF)
ca. 890 Seiten
ISBN 3-453-11896-0
Gibt es etwas Heimtückischeres, als dem Pony eines todkranken Mädchens den Fuß abzuhacken? Ja: Die Tatsache, daß Detektiv Sid Halley dem Schuldigen nichts anhaben kann. Denn der ist im ganzen Land bekannt - nicht als Täter, sondern als Talkmaster.
Ein Thriller ohne Mordfall, eine Kain-und-Abel-Story, Gangsterkomödie und Melodram, das alles ist der 34. Roman von Dick Francis (1995 erschienen), in dessen Mittelpunkt wieder einmal der einhändige, mehr oder minder unfreiwillige Detektiv und ehemalige Jockey Sid Halley steht.
Das Buch (das englische Original) wurde 1996 mit dem Krimipreis "The Edgar Allan Poe Award" ausgezeichnet. (Außerdem erhielt er den Preis 1996 auch für sein Lebenswerk.) Ein Muß für jeden Dick-Francis-Fan.
22 ECU
Diogenes Hardcover
ca. 410 Seiten
ISBN 3-257-06132-3
Würde Don Quijote im 20. Jahrhundert leben, dann hieße er Geoffrey Dudley, lebte im modrig-feuchten Oxford und wäre von Beruf Verlagslektor. Dann begegnet er seinem ehemaligen Schulkameraden Martin Prout wieder, der gerade in Amerika zum Werbeschauspieler des Jahres nominiert wurde. Da der aber introvertiert, ungesellig und selbstquälerisch keinen Antrieb hat, die erforderliche PR-Tour auch anzutreten, ernent sich Duidley kurzerhand zu Prouts PR-Manager und reist mit ihm nach New York.
Dort tritt Dudley beherzt den Kampf gegen die modernen Windmühlen an: Agenten, Zeitungsredaktionen, Insider-Clubs und Fernsehstudios. Nur mit einem hat er nicht gerechnet ...
Eine schwarze Komödie über die Allmacht von Medien und Werbeindustrie. Der Verlag meint, es sei "glänzend geschrieben, funkelnd vor Witz und boshafter Ironie". Schwarzer Humor (besonders englischer) steht ganz oben auf unserem Speiseplan. Leider konnten wir keines von beiden in diesem Buch, daß eher in die Kategorie "psychologische Charakterstudie" einzuschubladen wäre, gefunden. Möglicherweise unterscheidet sich auch lediglich unsere Definition von beidem von der der Verlags-Marketingabteilung.
19,50 ECU
Diogenes Hardcover
ca. 315 Seiten
ISBN 3-257-06136-6
Die provozierende Lebensgeschichte eines jungen Mannes
aus jüdischem Elternhaus, der nicht weiß, wem er sich mehr
zugehörig fühlen soll: der zweiten Generation der Holocaust-
Opfer oder der "Generation Nix". Dessen Schulkarriere ein
frühes Ende nimmt, weil er lieber mit Freundin Rosie durch
Kneipen und Cafes zieht. Der das Amsterdamer Rotlichtmilieu zu erkunden beginnt, als Rosie ihn verläßt - wie weh
diese Trennung tut, wird nirgends ausgesprochen. Und der es
bald nur noch in der gekauften Nähe von Prostituierten aus-
hält, sich dem Alkohol hingibt und dem Verfall. Der schließ-
lich im Anzug des verstorbenen Vaters selbst eine Laufbahn
als Gigolo antritt.
Hellwach und gnadenlos schiLdert Arnon Grünberg die tief
tragischen und bitter komischen Erlebnisse seines gleich-
namigen Taugenichts, der vor allem eines nicht ausstehen kann -
Scheinheiligkeit und Heuchelei. Als "tragischen Slapstick"
hat Grünberg diesen meisterhaft geschriebenen modernen
Entwicklungsroman bezeichnet und sich selbst als traurigen
Clown.
Dieser Erstling war die Überraschung
des Jahres I994 - monatelang an der Spitze mehrerer
niederländischer Bestsellerlisten:
Eine tragikomische Trrfahrt auf der Suche
nach der Liebe.
22 ECU
Diogenes Hardcover
ca. 350 Seiten
ISBN 3-257-06133-1
Chinas gewaltiger Sprung in den Kapitalismus - selten wird er wohl anschaulicher vor Augen geführt als in den beiden in diesem Band vereinten Romanteilen Oberchaoten und Kein bißchen seriös. Sie handeln von jugendlichen Rumtreibern, lässigen Filous, Abzockern, die alle nur eines wollen: irgendwie überleben in der neuen Ellbogengesellschaft.
Teil 1: Oberchaoten:
Einfallsreichtum ist gefragt, da die guten Jobs nicht gerade auf der Straße liegen. Und so haben drei junge Männer die 3-TD-Service-Gesellschaft gegründet - "3 Tolle Dienstleistungen: Wir lösen Ihre Probleme, vertreiben Ihre
Langeweile, stehen für Ihre Fehler ein" -, eine Beratungsagentur für alle Zwangslagen und Bedürfnisse des modernen Städters. Dabei geraten sie und ihre Kunden in die komischsten Verwicklungen.
Teil 2: Kein bißchen seriös:
Was fängt einer an, wenn er zwei linke Hände hat und von nichts eine Ahnung? Er wird Schriftsteller, sagt sich ein junger Mann - bis er merkt, daß sich auch
noch einige andere an diesen Strohhalm klammern. Aber man könnte sich ja organisieren! Die Ressorts werden verteilt, ein literarischer Salon aufgemacht. Eine Persiflage auf die Intellektuellen- und Literaturszene.
19 ECU
Diogenes Hardcover
ca. 270 Seiten
ISBN 3-257-06142-0
Seit vielen Jahren erwarteten vor allem die Kinogänger eine Autobiographie von Mario Adorf, einem der wenigen Weltstars unter den (unter anderem) deutschsprachigen Schauspielern der Gegenwart. Statt dessen hat er nun aus Erinnerungen, Erlebtem und Gehörtem Geschichten aufgeschrieben - Geschichten über seine Kindheit und Jugend während der Nazizeit in der Eifel, über die Hunger- und Lehrjahre nach dem Krieg und aus dem Leben eines Schauspielers, dessen Lebensweg von kuriosen Zufällen geprägt ist.
Daß der Erzähler selbst in vielen seiner Geschichten am Ende oft nicht gerade als glänzender Sieger dasteht, macht nicht nur den Charme dieser Sammlung aus, sondern hat dem Buch auch seinen Untertitel eingetragen.
"30 unrühmliche Geschichten aus dem bewegten Leben des großen deutschen (?) Filmschauspielers Mario Adorf - charmant, herzerfrischend offen und voller Lust am Erzählen. Wundervoll skurrile Geschichten und Anekdoten aus Deutschland und seiner Wahlheimat Italien." (Schreibt zumindest der Verlag zu diesem Buch. Mehr dazu, wenn wir dieses Buch gelesen haben.)
Schade nur - und unfreundlich dem "geneigten Leser" gegenüber - ist es, in anderen Sprachen als der Deutschen gehaltene Zitale mal wieder nicht zu übersetzen, und sei es auch nur in einer Fußnote. Oder soll dem Leser mal wieder deutlich gemacht werden, wie ungebildet er (oder sie) doch gegenüber den Literarischen Kreisen dieses unseres Landes ist?
7,00 ECU
btb (Goldmann)
ca. 190 Seiten
ISBN 3-442-72111-3
Die Nacht bricht über den Planeten Kalgash mit den sechs Sonnen herein - zum erstenmal seit zwei Jahrtausenden. Panik und Chaos breiten sich aus. Nichts kann die Katastrophe aufhalten.
Science Fiction von zwei "Großmeistern der Zunft". (Bei Heyne diesmal allerdings nicht in der SciFi-Reihe sondern in der allgemeinen Reihe zu finden!)
6,45 ECU
Heyne Taschenbuch
ISBN 3-453-11689-5
An den Kranken stoßen sich die Pharmakonzerne gesund. Profit geht ihnen über alles, sogar über die Sicherheit ihrer Produkte. Prof. Dr. med. Peter eckert, ein Insider aus der Pharmabranche, deckt hier erstmals die tödlichen Geschäfte der Pillendreher auf.
Contergan-Debakel, aidsverseuchte Blutpräparate - das kann jederzeit wieder passieren. Beinahe täglich kommen neue Medikamente auf den Markt, und die Patienten dienen als Versuchskaninchen. So unglaublich es (für manche) klingt: Konzerne und Gesundheitsbehörden arbeiten Hand in Hand. Solange sich daran nichts ändert (und warum sollte es?), lebt jeder Patient gefährlich.
Ein brisanter Insiderreport über die Praktiken der Pharmaindustrie. Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker ...
19,90 ECU
ca. 380 Seiten
Droemer Knaur Hardcover
ISBN 3-426-26959-9
"Cowboys - wer sieht sie nicht sogleich vor sich: die einsamen Reiter auf weiten ebenen, die wortkargen Männer, die sich abends um ein einsames Feuer versammeln, die wettergegerbten Gesichter, in denen gleißende Sonne und rauher Wind ihre Spuren hinterlassen haben, Existenzen zwischen Himmel und Erde,
Hank Wangford hat sich auf die Suche nach den heutigen Nachfahren der Cowboys begeben, und er hat sie entdeckt: die Gauchos in Argentinien, die Llaneros in Venzuela, die Vaqueros in Mexiko. Zusammen mit seinem Begleiter Jo Tambien hat er bei ihnen gelebt und mit ihnen gesprochen - über ihren Alltag, die Natur, in der sie leben, die rauhe Wirklichkeit eines schillernden Mythos."
Das alles schreibt zumindest der Verlag zu diesem beinahe 530 Seiten starken Taschenbuch (naja, schon eher ein Paperback), das uns gerade erreichte. Was beim ersten Durchblättern positiv auffiel, ist (neben dem Titelbild), daß hier offenbar an den deutschsprachigen Leser gedacht und einiges durch Untertitel erläutert wurde. Außerdem wird ein Gedicht im Anhang komplett übersetzt und auf diese Übersetzung im Text verwiesen. So haben diejenigen, die gerne das englische Original lesen und diejenigen, die der englischen Sprache nicht mächtig sind gleich guten Zugang. Weniger erfreulich, aber nur ein kleines Manko, ist das der Spieltrieb mit dem Setzer durchgegangen ist (ehrlich: das passiert uns ja auch immer wieder, gelle) und die Begriffe im Glossar dank der Westernschrift nicht besonders gut zu lesen sind. Mehr zu diesem Buch gibt es für alle Pferdefreunde in Petras & Edis Hippothek auf den PADDOCK-Seiten.<
8,95 ECU
ca. 520 Seiten
Knaur Taschenbuch Verlag
ISBN 3-426-26959-9